DI Eduard Artner, Leitung Geschäftsfeld 3D-Betondruck Baumit GmbH, hat uns im Gespräch einen Überblick über die Fakten, Möglichkeiten und Entwicklungen im Bereich des 3D-Drucks gegeben.
Titelbild: Studieneinrichtung von Win2day – Incremental3D
Bereits in den 1930er Jahren wurde in den USA die erste Traktorengarage mittels eines sich bewegenden Trichters „gedruckt“, mit dessen Hilfe die Betonmischung Schicht für Schicht aufgetragen wurde.
Anfang 2010 kam das Thema in den Fokus durch Counter Craft in den USA mit dem Ziel, den Hausbau zu revolutionieren. Diesem Trend folgten dann namhafte Größen wie Weber, Heidelberg Zement, Peri, Sika oder Baumit wobei unter dem Titel „3D-Betondruck“ verschiedenste Verfahren und dadurch unterschiedliche Leistungsprofile verstanden werden.
Schichtweiser Aufbau von einkomponentiger Betonmischungen wird für große Objekte, wie den Druck von Wänden und Häusern, bevorzugt. Wohingegen zweikomponentige Mischungen maßgeblich für mittelgroße Objekte, verlorene Schalungen oder Bauteile verwendet werden. Das Sprühverfahren bietet die Möglichkeit, vorgefertigte Bewehrungsstrukturen vollvolumig einzuhüllen. Sandbettverfahren können sehr filigrane Strukturen abbilden. Alle Verfahren unterscheiden sich deutlich in ihren Druckgeschwindigkeiten, herstellbaren Geometrien, mechanischen Eigenschaften der gedruckten Objekte sowie den Druckkosten selbst.
Die Hauptanwendungen des 3D-Drucks werden aktuell im Bereich des Hausbaus und in der Herstellung von Bauteilen unter Nutzung des hohen Automatisierungsgrades gesehen. Dabei steht der 3D-Druck klarerweise in direkter Konkurrenz mit seit Jahrzehnten bewährten Bauverfahren, die bereits kosten- wie auch ablauftechnisch hochgradig optimiert sind.
Bild 1: Incremental 3D-Pavillon in Modulbauweise © Baumit
Bild 2: BauMinator 3D-Betondrucksystem © Baumit
Das Verfahren muss in den entsprechenden Zielsegmenten entweder finanziell konkurrenzfähig sein oder Bauteile, Elemente und Objekte herstellen, die mit den bekannten Standardmethoden nicht umsetzbar, zu teuer oder aufwendig sind. Um einen Platz als nachhaltige Innovation zu erobern, müssen beim 3D-Betondruck auch die aktuellen Themen der Bau- und Immobilienwirtschaft mitgedacht werden, wie Nachhaltigkeit, CO2-Reduktion und leistbares Wohnen.
Das BauMinator 3D-Betondrucksystem ist ein integriertes Gesamtsystem aus Hardware, Software und Druckmaterial. Das System besteht aus einem Drucker mit sechs Achsen sowie mit oder ohne Schienensystem, einer Mörtelpumpe, einem Sicherheitssystem, einer patentierten Druckdüse mit ihren Modulaufsätzen und dem darauf abgestimmten Druckmaterial.
Das System besitzt einen Stop-and-go-Modus mit integrierter Spülung. Somit kann der Druckpfad unterbrochen und an anderer Stelle weitergedruckt werden. Es muss insofern kein durchgehender Druckpfad eingehalten werden, wodurch Segmentdruck möglich ist.
„Können Sie das drucken?“ Diese Standardfrage bei neuen Projekten hat laut Eduard Artner meist eine einfache Antwort: Ja. Dem Leiter des Geschäftsfelds „3D-Betondruck“ zufolge ist mit dem Zwei-Komponenten-System Baumit beinahe jede Druckgeometrie möglich. Dennoch ist nicht die Umsetzung des Drucks maßgeblich. Viel wichtiger ist die Eignung des Druckobjekts für die jeweilige Anwendung.
Mechanische Belastung, Exposition, thermische Beanspruchung, anwendungsspezifische Prüfungen etc. sind essenziell für die Entwicklung eines 3D- Betonobjektes. Der Vorteil des 3D-Betondrucks liegt in der Einfachheit und Schnelligkeit der Herstellung verbunden mit geringem Materialverbrauch. Statik, Bewehrung oder Oberflächengestaltung können mit klassischen Methoden ergänzt werden, um ein optimales Endprodukt zu gewährleisten.
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Bild 3: Hanggestaltung mit Incremental 3D © Baumit
Bild 4: 3-D-Betondrucker32 © Dietmar Mathis Concrete3D
So vielseitig der 3D-Druck, so vielseitig seine bereits umgesetzten Anwendungen. Diese reichen von Designentwürfen im Außenbereich über Anwendungen im Innenbereich bis hin zu gewichtsreduzierten Bauelementen mit hohen CO2-Einsparungen. Beispielsweise wurden bereits gewichtsreduzierte Decken bis 700m² und einer CO2 Einsparung von 25% umgesetzt. Und die Projektlandschaft wird laufend erweitert. Von Fassadenelementen (Bild 4) bei Einfamilienhäusern, Anwendungen im Innenbereich wie Umkleidekabinen, Office-Elemente bis zu Designelementen im Außenbereich (Bild 3), der 3D-Druck bietet völlig neue Freiheiten und Möglichkeiten.
Schnelle Druckzeiten, geringer Materialverbrauch, Nachhaltigkeit und hoher Digitalisierungsgrad kennzeichnen diese Technologie. Somit kann nicht nur auf Nachhaltigkeitsthemen eingegangen werden, sondern auch der Wunsch nach Individualität, neuen Formen und Designs wirtschaftlich erfüllt werden.
Experte: DI Eduard Artner, Leitung Geschäftsfeld 3D Betondruck Baumit GmbH